Schutz der Mitarbeitenden

Immer wieder werden nicht nur die Verwaltungsspitzen bedroht, sondern auch deren Mitarbeiter/innen. So können Sie die Gefahr reduzieren.


Ordnen Sie die Gefahrenlage ein

Viele Kommunalpolitiker/innen berichten davon, dass nicht nur sie selbst Ziel von Anfeindungen und Drohungen sind, sondern auch Mitarbeitende ihrer Verwaltung. Die Unfallkasse NRW hat in Zusammenarbeit mit der Polizei Aachen das „Aachener Modell“ zur Reduzierung von Bedrohungen und Übergriffen in der öffentlichen Verwaltung entwickelt. Dazu gehört ein Fragebogen, mit dessen Hilfe die Gefahrenlage eingeschätzt werden kann. Setzen Sie sich mit Ihren Mitarbeitenden zusammen, gehen Sie den Fragebogen gemeinsam durch und verschaffen Sie sich ein realistisches Bild der Lage. Dabei reicht das Spektrum von verbalen Aggressionen und Sachbeschädigung (1) über Handgreiflichkeiten und Bedrohungen (2) bis zu dem Ausnahmefall bewaffneter Übergriffe (3). Für eine realistische Einschätzung möglicher Gefährdungen empfiehlt sich außerdem die Analyse interner Berichte über Vorfälle sowie eine Sicherheitsbegehung der Räumlichkeiten. Wenden Sie sich an die örtliche Polizeidienststelle beziehungsweise an (kriminal-)polizeiliche Beratungsstellen. Gemeinsam können Sie einen Plan zur Absicherung von Gebäuden und Arbeitsplätzen erstellen. Die Polizei berät Sie auch zu Alarmierungssystemen, Notfallplänen und Weiterbildungen zum Umgang mit schwierigen Kunden.

Sensibilisieren Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen

Machen Sie klar, dass Mitarbeitende der Verwaltung jederzeit Unterstützung bei Ihnen finden können. Unterstützen Sie offene Kommunikation in der Behörde. Auch bedrohliche Situationen in der privaten Umgebung und außerhalb der Arbeitszeit sollten jederzeit thematisiert werden können. Im Vorfeld konfliktbelasteter Gespräche sollten sich Kolleginnen und Kollegen untereinander informieren und natürlich auch Sie als Vorgesetzte/n. Gleiches gilt, wenn sich verdächtige Personen im Haus befinden. Etablieren Sie, dass im Haus unbekannte Personen angesprochen und nach deren Wünschen befragt werden. Unbekannte sollten sich nicht unbemerkt im Gebäude bewegen können. Falls es zu einem Vorfall gekommen ist, klären Sie als Verwaltungsleiter/in die Mitarbeitenden zeitnah und beruhigend auf, um zu verhindern, dass Unsicherheit durch Gerüchte zusätzlich vergrößert wird.

Legen Sie Verhaltensweisen fest

Für den Fall, dass ein Gespräch eskaliert und jemand Ihre Mitarbeitenden beschimpft, beleidigt, bedroht oder angreift, ist es wichtig, ein Sicherheitskonzept  bei der Hand zu haben. Legen Sie Verhaltensweisen für verschiedene Notfälle fest, klären Sie Informationsketten und Weisungsbefugnisse. Tragen Sie in einer allgemein zugänglichen Liste wichtige Kontakte zusammen, zum Beispiel Ihre(n) Sicherheitsbeauftragten, die Betriebsärztin/den Betriebsarzt oder Mitarbeiter/innen der Unfallkrankenkasse. Richten Sie im Vorfeld einen Krisenstab ein, wenn Sie mit größeren Konflikten rechnen.  Wie Sie Büroräume, insbesondere die, in denen viel Kundenverkehr stattfindet, sicherer machen können, erfahren Sie hier. Kontrollieren Sie beispielsweise den Zutritt von Fremden, indem Sie eine klare Trennung zwischen öffentlichen und nicht öffentlichen Bereichen schaffen. Führen Sie außerdem eine übersichtliche Beschilderung der Räumlichkeiten ein, damit Polizei und Rettungskräfte sich schnell orientieren können.

Beziehen Sie Stellung

Verbindliche Regelungen zum Umgang mit Bürger/innen schaffen Sicherheit und sorgen für Professionalität. Mit einer Grundsatzerklärung gegen Gewalt stellen Sie sich hinter die Verwaltungsbeamtinnen und -beamte. Mitarbeitende sollten ihre Rechte und Handlungsoptionen kennen, gerade im Umgang mit aggressiven und gewaltbereiten Personen. Bieten Sie daher Informationsveranstaltungen (zum Beispiel durch die interne Rechtsabteilung oder externe Expertinnen und Experten) an, in denen Mitarbeitende über relevante Straftatbestände und die Haus- und Gemeindeordnung aufgeklärt werden. Darüber hinaus sollte das Personal darin geschult werden, psychische Erkrankungen zu erkennen, zu deeskalieren und auf aggressives Verhalten eingehen zu können. Zahlreiche private Dienstleister bieten dazu Deeskalationstrainings an. Konkrete Tipps für den Fall, dass eine schwierige Gesprächssituation bevorsteht, finden Sie hier und in diesem Fallbeispiel. So ist es beispielsweise ratsam, neutrale Besprechungsräume zu wählen oder das Gespräch zu zweit zu führen.

Dokumentation von Vorfällen und Erteilung von Hausverbot

Nicht alle Vorfälle erfüllen die Voraussetzungen für eine Strafanzeige oder einen Arbeitsunfall. Distanzloses Verhalten und verbale Aggressionen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze sollten Sie dennoch in einem internen, möglichst niedrigschwelligen Dokumentationssystem erfassen. Gleiches gilt auch für strafbare Delikte, die Sie (noch) nicht anzeigen möchten. Dokumentieren Sie Datum und Uhrzeit, Hergang und Beteiligte. So werden die Grenzüberschreitungen für alle im Haus sichtbar; auch kann bei weiteren Vorfällen auf diese Dokumentation zurückgegriffen werden. Bei Beleidigungen, unangepasstem Sozialverhalten oder wiederholt aggressivem Verhalten kann ein Hausverbot ausgesprochen werden. Auch in öffentlichen Gebäuden ist dies zulässig, wenn der Dienstablauf nachhaltig gestört wird. Dokumentieren Sie auch das ausgesprochene Hausverbot. Mehr zum Hausverbot und Ihren Rechten als Verwaltungsleiter/in finden Sie in diesem Fallbeispiel. Darüber hinaus kann die Polizei im akuten Fall einen Platzverweis aussprechen.

Strafanzeige, einstweilige Verfügung, Unfallanzeige

Eine Anzeige zu erstatten, ist ein Schritt, vor dem viele zurückschrecken. Machen Sie sich aber bewusst: Dies ist wichtig, besonders für die Signalwirkung. Einerseits zeigen Sie damit nach außen Geschlossenheit, andererseits demonstrieren Sie nach innen Solidarität und ziehen eine Grenze zu intolerablem Verhalten. Auch Sie als Vorgesetze/r können für Betroffene aus Ihrem Kollegium Anzeige erstatten, diese werden dann nur als Geschädigte genannt. Beachten Sie bitte, dass es auch die Möglichkeit gibt, die persönliche Wohnanschrift unter Berufung auf Paragraf 68 StPO nicht anzugeben. Die Polizei nimmt dann zwar die Personalien auf, für den Schriftverkehr können Sie aber Ihre Dienstanschrift angeben. Alle Briefe und Gerichtsunterlagen erreichen Sie dort. Zur Begründung ist die Dokumentation von vorangegangenem aggressivem Verhalten hilfreich (siehe oben). Ein Beispielformular dafür und relevante Straftatbestände, ausführlich aufgelistet und erklärt, finden Sie hier. Ist es zu einem Übergriff gekommen, ist es wichtig, auch eine Unfallanzeige zu erstatten. Denn auch ein Gewaltvorfall, der nicht zu körperlichen Verletzungen geführt hat, kann psychische Auswirkungen haben. Für eine spätere Leistungsgewährung durch den zuständigen Unfallversicherungsträger ist die Erstattung einer Unfallanzeige notwendig. Sie oder Ihre Mitarbeitenden können außerdem einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen. Der Vorteil: Sie erreichen schnell eine Abschreckungswirkung und müssen den Prozess nicht abwarten. Ein Musterbeispiel dafür finden Sie hier.