Anzeigen von Hass im Netz

Sie haben eine Hassnachricht in den Sozialen Medien oder via E-Mail erhalten. So können Sie strafrechtlich dagegen vorgehen.


Klären Sie, ob die Hassnachricht strafrechtlich relevant ist

Hassnachrichten können verschiedene Straftatbestände erfüllen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten für Betroffene.

Angriff auf die persönliche Ehre

Darunter fallen: Beleidigung nach Paragraf 185 StGB, also ehrverletzende Äußerungen oder Handlungen, üble Nachrede nach Paragraf 186 StGB, also verächtlichmachende, diffamierende Äußerungen mit unbekanntem Wahrheitsgehalt, und Verleumdung nach Paragraf 187 StGB, also bewusst falsche, ehrenrührige Aussagen. Diese Delikte sind Antragsdelikte, das heißt, sie werden nur dann verfolgt, wenn Sie als Geschädigte/r eine Anzeige erstatten – es sei denn, es besteht ein größeres öffentliches Interesse.

Nötigung

Hassbotschaften können auch nach Paragraf 240 StGB geahndet werden – wenn sie eine Nötigung darstellen. Dies umfasst das Aufzwingen eines nicht gewollten Verhaltens mittels Gewalt oder durch die Androhung eines empfindlichen Übels. Letzteres ist gegeben, wenn die/der Genötigte durch die Drohung in eine Zwangssituation versetzt wird. Hier ist bereits der Versuch strafbar.

Bedrohung

Darüber hinaus ist selbstverständlich auch jede Drohung unter Strafe gestellt – nach Paragraf 241 StGB. Hierbei geht es um die Androhung von schweren Straftaten, die sich gegen die Betroffenen oder Ihnen nahestehende Personen richten. In Betracht kommen Androhungen von Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert (wie etwa die Drohung, ein Auto anzuzünden). Die bloße (ernst gemeinte) Drohung und die dadurch verursachte Angst reichen aus.  Paragraph 126 StGB behandelt die Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung von Straftaten. Dazu zählt auch die öffentliche Androhung von schweren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.  

Andere Straftatbestände

Ebenso sind Volksverhetzung (§ 130 StGB) und Holocaustleugnung (§ 130 III StGB) strafbar. Auch hier muss die Staatsanwaltschaft tätig werden, sobald ein Anfangsverdacht vorliegt. Auch die Billigung von noch nicht begangenen schweren Taten ist strafbar, wenn diese geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören (§ 140 StGB). Befürwortet eine Person beispielsweise öffentlich, dass jemandem schwere Gewalt angetan wird, kann dies strafbar sein. Der Nachstellungsparagraph 238 StGB enthält auch Cyberstalking. Strafbar ist, im Netz und über Apps Personen auszuforschen, einzuschüchtern, anderen ihre Identität vorzutäuschen oder sie zu diffamieren. Feindeslisten werden von Tätern vor allem im Netz verbreitet, um Betroffenen das Gefühl von Schutzlosigkeit zu geben und gewaltbereite Täter/innen zu Straftaten zu motivieren. Wer öffentlich Listen verbreitet, die geeignet und bestimmt sind, eine betroffene oder ihr nahestehende Person der Gefahr einer gewichtigen Straftat auszusetzen, macht sich nach Paragraph 126a StGB strafbar. Verhetzende Beleidigung nach Paragraph 192a StGB stellt Inhalte unter Strafe, die eine durch ihre nationale, rassische, religiöse oder ethnische Herkunft, ihre Weltanschauung, ihre Behinderung oder ihre sexuelle Orientierung bestimmte Gruppe oder Einzelperson wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe beschimpfen, böswillig verächtlich machen oder verleumden.

Sichern Sie Beweise

Gibt es Kommentare, die Sie für strafrechtlich relevant halten? Falls ja, dokumentieren Sie die Beleidigungen und Bedrohungen rechtssicher und von Beginn an. Sichern Sie alle Links, Bilder oder andere konkrete Hinweise auf digitale Gewalt. Machen Sie dafür Bildschirmfotos (Screenshots). Gibt es Kommentare, die Sie für strafrechtlich relevant halten? Falls ja, dokumentieren Sie die Beleidigungen und Bedrohungen rechtssicher und von Beginn an. Sichern Sie alle Links, Bilder oder andere konkrete Hinweise auf digitale Gewalt. Machen Sie dafür Bildschirmfotos (Screenshots).

Bei Windows-Rechnern funktioniert es so: Sie drücken gleichzeitig die Windows-Taste, Shift (Großschreiben-Taste) und die S-Taste. Ein Kreuz zeigt Ihnen nun an, wie Sie das zu fotografierende Feld mit der linken Maustaste aufziehen können. Sobald Sie die Maus loslassen, wird das Foto in der Zwischenablage gespeichert und kann mit [STRG]+[V] in beliebige Dokumente eingefügt werden. Alternativ drücken Sie erst die Windows-Taste und dann die S-Taste, um das  Snipping Tool zu öffnen. Damit können Sie gleichfalls Screenshots erstellen. Wenn Sie nach dem Bildschirmfoto auf das Speichern-Symbol klicken, dann erhalten Sie eine Bilddatei, die Sie benennen, ablegen und in Meldeplattformen hochladen können.

Bei Apple-Rechnern: Drücken Sie die Tastenkombination [Shift] + [cmd] + [4]. Mit dem Rahmen wählen Sie den Ausschnitt, beim Loslassen der Tasten entsteht die Aufnahme. Wichtig ist, dass der fragliche Kommentar im Zusammenhang mit möglichst vielen weiteren Kommentaren zu sehen ist.

Idealerweise zeigt der Screenshot außerdem Datum, Uhrzeit, Username der Täterin/des Tätes und die URL der Seite. Es gibt allerdings auch ein hilfreiches kostenloses Online-Tool für den Chrome-Browser, das Datum, Uhrzeit und die URL gleich mit auf den Screenshot druckt: Atomshot. Hier können Sie es herunterladen und hier wird erklärt, wie Sie es benutzen. Detaillierte Anleitungen, wie rechtssichere Screenshots von Kommentaren auf Facebook, Instagram, Tiktok, Twitter oder Youtube zu erstellen sind, erhalten Sie bei HateAid. Speichern Sie alle Beweisdokumente in einem eigenen Ordner auf Ihrem Computer. 

Drohmails

Antworten Sie nicht auf Drohungen, die Sie per E-Mail oder erhalten haben. Leiten Sie diese an niemanden außer der Polizei weiter und warten Sie, bis die Polizei die Nachricht gesichert hat. Auch hier gilt: Sie müssen nicht sofort Anzeige erstatten. Aber um diese Möglichkeit auch später noch wahrnehmen zu können, müssen Sie Beweise sichern. Speichern Sie die E-Mail daher lokal oder machen Sie Bildschirmfotos. Eine Anleitung dazu finden Sie in diesem Fallbeispiel

Private Nachrichten bei Facebook, Instagram, Twitter, Messenger-Diensten

Sichern Sie alle Links, Bilder oder andere konkrete Hinweise auf digitale Gewalt. Machen Sie auch hier Bildschirmfotos. Dabei ist es wichtig, dass der Kommentar des Täters/der Täterin im Zusammenhang mit möglichst vielen weiteren Kommentaren zu sehen ist. Achten Sie darauf, dass die URL der Seite ebenfalls zu sehen ist.

Lassen Sie sich juristisch beraten

Häufig sind Hassnachrichten nicht eindeutig Straftatbeständen zuzuordnen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob eine Hassnachricht strafbar ist, gibt es verschiedene Stellen, an die Sie sich wenden können. Die zivilgesellschaftliche Organisation HateAid bietet Ihnen juristische Beratung an. Dazu füllen Sie einfach ein Online-Formular aus. Die  Betreiber der Seite internet-beschwerdestelle.de melden den Beitrag entweder den sozialen Medien (Facebook u. a.) selbst, damit diese ihn auf Basis ihrer Regeln löschen. Oder sie beurteilen die Nachricht oder den Kommentar als strafwürdig und leiten ihn direkt an staatliche Stellen weiter.

Erstatten Sie Anzeige

Das Strafrecht unterscheidet zwischen Antrags- und Offizialdelikten. Bei Offizialdelikten nimmt die Staatsanwaltschaft von Amts wegen die Strafverfolgung auf, sobald sie Kenntnis von einer Straftat erlangt. Darunter fällt zum Beispiel die Volksverhetzung nach Paragraf 130 StGB. Kenntnis können die Behörden auch über Dritte erhalten, etwa über Seiten wie die Internet-Beschwerdestelle, sodass Sie selbst keine Anzeige erstatten müssen. Im Fall von Antragsdelikten braucht es allerdings ausdrücklich einen Strafantrag der oder des Betroffenen. Hier müssen Sie also selbst aktiv werden. Eine Anzeige können Sie entweder bei einer Polizeidienststelle oder  in einigen Bundesländern auch online stellen. Einen Überblick über alle Online-Wachen finden Sie hier. Das Bundesland Bayern hat ein Online-Meldeverfahren speziell für kommunale Amts- und Mandatsträger/innen eingerichtet. Das Netzwerk Neue deutsche Medienmacher*innen empfiehlt, Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft zu stellen, weil es bei der Polizei in der Vergangenheit manchmal kein ausreichendes Problembewusstsein für das Thema Hatespeech gab. Machen Sie sich bewusst, dass Sie nicht nur in Ihrem eigenen Interesse handeln: Beleidigungen und Bedrohungen sollten nicht nur angezeigt werden, um Schlimmeres zu verhindern. Eine Anzeige hilft auch, das Dunkelfeld solcher Delikte aufzuhellen und die Diskussionskultur im Netz zu verbessern.

Überlegen Sie sich eine Kommunikationsstrategie

Im Unterschied zu Hasskommentaren, die öffentlich sichtbar sind, müssen Sie bei Drohungen und Beleidigungen in Privatnachrichten kein mitlesendes Publikum überzeugen. Überlegen Sie sich also, ob Sie antworten möchten oder nicht. Falls ja, wenden Sie das Vier-Augen-Prinzip an, um Eskalation vorzubeugen und Gefahrenpotenziale besser abschätzen zu können. Falls Sie Hassnachrichten auf öffentlichen Foren erhalten, beispielsweise in den Kommentarspalten unter Ihren Beiträgen auf Facebook, finden Sie in diesem Fallbeispiel Tipps zum Umgang damit.

Handlungsmöglichkeiten der Polizei

Täter/innen, die persönlich oder unter vollem Namen kommunizieren, können leicht der Polizei gemeldet werden. Aber auch Verfasser/innen anonymer E-Mails können ermittelt werden, wenn diese versehentlich die E-Mail auch in anderen Kontexten verwenden oder ihre IP-Adresse nicht verbergen. Die Polizei hilft Ihnen bei der Abschätzung von Gefahren und einer Einschätzung möglicher Risiken. Darauf basierend beraten Experten und Expertinnen der kriminalpolizeilichen Beratungsstellen, welche diesem Risiko angepassten Maßnahmen Sie Zuhause oder am Arbeitsplatz ergreifen können. In akuten Fällen kann die Polizei häufiger an Ihrem Wohnort nach dem Rechten sehen, Ihnen eine konkrete Ansprechperson oder sogar Personenschutz zur Verfügung stellen. In bestimmten Fällen kann die Polizei auch eine Gefährderansprache vornehmen - damit wird der Täterin/dem Täter mitgeteilt, dass sie oder er der Polizei bekannt ist.

Lassen Sie einen Beitrag in den sozialen Medien löschen

Um einen Beitrag von einer Plattform löschen zu lassen, müssen Sie ihn dem Betreiber der Plattform melden. Nach dem Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) muss eben dieses Beschwerde-Management für Sie leicht zugänglich sein. Wenn die Meldung eingegangen ist, muss der Betreiber sorgfältig prüfen, ob gegen die Community-Standards verstoßen wurde oder ein rechtswidriger Beitrag vorliegt. Die Entscheidung über die Beschwerde muss von der Plattform begründet werden und darf nicht automatisiert erstellt werden. Wenn die Online-Dienste und Plattformen rechtswidrige Inhalte nicht entfernen und ihren Pflichten nicht nachkommen, können sie hier bei der Bundesnetzagentur gemeldet werden. 

Wie Sie in sozialen Medien Beiträge melden und Hassende blockieren, erfahren Sie in diesem Fallbeispiel.