Dass Sexismus in der Politik für viele Frauen eine nicht eben seltene Erfahrung ist, zeigt auch die Studie „Frauen Macht Brandenburg“ der Friedrich-Ebert-Stiftung. Dafür haben die Autorinnen Gespräche mit zehn erfahrenen Brandenburger Politikerinnen geführt. Sexuelle Belästigung ist demnach ein Phänomen, das alle Interviewpartnerinnen auf unterschiedliche Art und Weise in der Kommunalpolitik erleben. Es reicht von sogenannten „Frauenwitzen“ über das Kommentieren des Äußeren bis hin zu unerwünschten Berührungen.
Zu den subtileren Ausprägungen gehört es, dass Frauen häufiger bei Redebeiträgen unterbrochen werden als Männer. Eine Politikerin sagte: „Die Frau muss mit ihrem ganzen Fachwissen überzeugen. Während der Mann manchmal schon bloß mit einem flotten Spruch weiterkommt.“ Typisch ist auch folgende Äußerung: „Man macht einen Vorschlag und der wird einfach nicht beachtet. Und zwei Minuten später macht ein Mann quasi den gleichen Vorschlag und alle sagen: Oh, total toll. Was für eine gute Idee.“
Anzügliche Blicke und unerwünschte Berührungen sind auch laut dieser Studie ein Verhalten, das vor allem jüngeren Politikerinnen widerfährt. „Dieses typische unauffällige Antatschen an der Schulter, dieses Väterliche, wenn man die Hand auf die Schulter legt und nach dem Motto: So Mäuschen, ich erzähl dir mal was.“ Gerade bei den älteren Männern sei das häufig zu beobachten.
Oftmals würde Männern das Bewusstsein für die Grenzüberschreitung fehlen: „Meistens merken die das gar nicht oder sind sich nicht bewusst, dass sie gerade einen Menschen erniedrigt und sich über das Äußere einer Frau lustig gemacht haben.“ Eine Befragte erwähnte, dass ein Parteifreund über eine Politikerin sagte, dass sie hübsch sei, immer ein schönes Kleid anhaben würde, aber keinen Mann und keine Kinder hätte. Über einen Mann würde wohl niemand etwas Vergleichbares sagen.
Frauen und Männer sind nicht nur unterschiedlich von Anfeindungen und Aggressionen betroffen – sie reagieren auch unterschiedlich darauf. Das ergab die Studie „Vielfältige Repräsentation unter Druck: Anfeindungen und Aggressionen in der Kommunalpolitik“ der Heinrich-Böll-Stiftung.
Demnach denken die wenigsten Betroffenen aufgrund der Bedrohungslage an einen Rückzug aus der Politik. Aber die Anfeindungen führen nicht selten zu einer Veränderung des Verhaltens: etwa zu einem Verzicht auf soziale Medien, zunehmendem Misstrauen oder gar einem Meiden bestimmter Orte oder Veranstaltungen. Und das überproportional bei Frauen. Und noch einmal häufiger bei jenen mit Migrationshintergrund und/oder mit niedriger Schichtzugehörigkeit.